Vom Rechenzentrum bis zur Wüste Nevadas verschmilzt der Megatrend Nachhaltigkeit mit dem KI-Boom. Technologieanbieter, Energieversorger und Lithiumentwickler sortieren ihre Strategien neu, um von der Welle zu profitieren, ohne sie zum Risiko werden zu lassen.

Künstliche Intelligenz soll in Zukunft nicht nur Werbeanzeigen optimieren, sondern auch Emissionen senken, Ressourcen sparen und Krisen früher erkennbar machen. Gleichzeitig frisst der KI-Boom selbst enorme Mengen Strom, Wasser und Hardware. Diese Doppelrolle macht KI-Nachhaltigkeit zu einem der spannendsten Felder der kommenden Jahre – mit direkten Folgen für Rohstoffe wie Lithium.

Unternehmen und Analysten sprechen längst von einem Megatrend. Globale Großkonzerne nutzen bereits in großem Maße Effizienz, Ressourcenschonung und Klimaziele als Treiber für ihr Geschäft.

Unternehmen treiben KI und Nachhaltigkeit gemeinsam voran

KI-Nachhaltigkeit hat zwei Seiten. Zum einen geht es um Anwendungen, die Umwelt und Gesellschaft direkt unterstützen, etwa durch optimierte Stromnetze, bessere Verkehrssteuerung oder genauere Klimamodelle. Zum anderen rücken die Umweltauswirkungen der KI selbst in den Fokus, von energiehungrigen Rechenzentren bis zu Lieferketten für Chips und Speicherhardware.

Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, den CO₂ Ausstoß zu senken, indem sie Stromverbrauch und erzeugte Leistung aus erneuerbaren Energien besser aufeinander abstimmt, Lieferketten verschlankt und Überproduktion vermeidet. In der Gesundheitsbranche reicht das Spektrum von schnellerer Medikamentenentwicklung bis zur Analyse von Ausbrüchen und Risikogruppen. In Verwaltungen soll KI Verschwendung und Betrug eindämmen und Prozesse beschleunigen.

Weitere Felder sind Katastrophenwarnungen, wo Sensoren und Algorithmen Überschwemmungen, Waldbrände oder Erdbeben früher erkennen, sowie Kriminalitätsprävention mit datenbasierten Einsatzplanungen der Polizei. All diese Anwendungen laufen letztlich auf den Systemen einiger weniger Technologiekonzerne. Nvidia (ISIN: US67066G1040, WKN: 918422) liefert Grafikprozessoren für KI-Modelle, Arista Networks (ISIN: US0404132054, WKN: A40V33) vernetzt Rechenzentren, Microsoft (ISIN: US5949181045, WKN: 870747) und Alphabet (ISIN: US02079K3059, WKN: A14Y6F) stellen Cloudplattformen und Software bereit.

Markt für grüne KI mit zweistelligem Wachstum

Wie groß dieser Markt werden kann, zeigen aktuelle Schätzungen. Der Bereich KI in Umweltanwendungen wird in einer Studie von Grand View Research für 2024 auf 16,55 Mrd. USD beziffert und soll bis 2033 auf 84,03 Mrd. USD anwachsen, was einem jährlichen Wachstum von 19,8 % entspricht. Den größten Anteil hat dabei die Anwendung zur Minderung des Klimawandels, gefolgt von erneuerbarer Energieoptimierung.

Technologisch dominiert maschinelles Lernen mit einem Anteil von gut einem Drittel, weil sich damit Prognosemodelle für Luftqualität, Energieverbrauch oder Naturgefahren trainieren lassen. Auf der Nachfrageseite führt der staatliche und öffentliche Sektor, der per Gesetzgebung und Programmen zur Klimapolitik besonders früh auf solche Lösungen setzt. Energieversorger gelten als einer der dynamischsten Wachstumstreiber, weil sie Netze stabil halten und gleichzeitig mehr Solar- und Windstrom integrieren müssen.

Gleichzeitig investieren Konzerne gezielt in energieeffizientere Infrastruktur. So entwickeln etwa Schneider Electric und Nvidia gemeinsame Referenzdesigns für Hochleistungsrechenzentren, die mit Flüssigkühlung und KI basierter Steuerung den Strombedarf für Kühlung um etwa ein Fünftel senken sollen. In anderen Branchen wird KI genutzt, um Produktformulierungen nachhaltiger zu machen, wie eine Kooperation von IBM und L’Oréal im Kosmetikbereich zeigt.

Der breitere Markt für KI-Nachhaltigkeit, inklusive Anwendungen in Gesundheit, Bildung und öffentlicher Verwaltung, wird auf ein Potenzial von fast 1 Billion USD bis 2032 geschätzt. Eine einheitliche Definition gibt es nicht, doch die Richtung ist klar. KI wird zunehmend an ihrem Beitrag zu Klimazielen und gesellschaftlichem Nutzen gemessen, nicht nur an Umsatz oder Klickzahlen.

Lithium bleibt Schlüsselfaktor für Elektroautos und Speicher

Während Softwareunternehmen über Klimaneutralität und Effizienz berichten, zeigt sich an den Rohstoffmärkten die andere Seite der Medaille. Die Preise für Lithiumcarbonat sind in China zuletzt auf rund 95.200 CNY je Tonne gestiegen, was etwa 13.400 USD entspricht. Zuvor waren sie nach einem Hoch von rund 150.000 CNY je Tonne im Jahr 2022 durch ein Überangebot deutlich gefallen. Seit Juni 2025 ergibt sich damit ein Anstieg um rund 57 %.

Auslöser der jüngsten Bewegung sind neue Nachfrageprognosen. Der Chef des chinesischen Produzenten Ganfeng Lithium erwartet bis 2026 ein Plus des weltweiten Bedarfs um 30 bis 40 %. In diesem Szenario könnten die Preise wieder in eine Spanne zwischen 150.000 und 200.000 CNY rücken. Analysten wie Fastmarkets rechnen nach einem kleinen Überschuss 2025 bereits 2026 mit einem Defizit von etwa 1.500 Tonnen Lithiumcarbonatäquivalent.

Der Haupttreiber bleibt die Elektromobilität. Weltweit stieg der Bestand an Elektroautos von rund 10 Mio. Fahrzeugen 2022 auf etwa 16 Mio. im Jahr 2024, bis 2026 sollen mehr als 25 Mio. Neuwagen pro Jahr verkauft werden, bis 2030 mehr als 50 Mio. Langstreckenmodelle mit großen Batterien erhöhen den Lithiumverbrauch pro Fahrzeug. Schätzungen gehen davon aus, dass Pkw Akkus etwa 70 % der Nachfrage stellen, Netzspeicher 15 %, elektrische Nutzfahrzeuge 10 % und andere Anwendungen 5 %.

Auf der Angebotsseite ist die Produktion stark konzentriert. Australien, Chile, China, Argentinien und die USA dominieren. Neue Projekte brauchen oft mehrere Jahre bis zur Produktion. Ein Beispiel ist Surge Battery Metals (ISIN: CA86882X1096, WKN: A2QQ2P) mit dem Nevada North Lithium Projekt in den USA. Die vorläufige Wirtschaftlichkeitsstudie weist eine abgeleitete Ressource von 11,24 Mio. Tonnen Lithiumcarbonat-Äquivalent aus, eine geplante Durchschnittsproduktion von 86.000 Tonnen pro Jahr, einen Kapitalwert von 9,21 Mrd. USD und eine interne Rendite von 22,8 % bei geschätzten Betriebskosten von 5.243 USD je Tonne.

Das zeigt die Grundspannung des Megatrends. Grüne KI, Elektroautos und große Speicherparks sollen Emissionen verringern, erhöhen aber kurzfristig den Bedarf an Energie und Rohstoffen. Wer KI-Nachhaltigkeit seriös denkt, kommt daher nicht nur an effizienten Algorithmen und erneuerbaren Energien vorbei, sondern auch an Fragen der Rohstoffsicherheit. Für Politik, Unternehmen und Investoren wird entscheidend sein, ob Digitalisierung, Energieversorgung und Bergbau schneller zusammenfinden, als die Nachfrage weiter davonläuft.