Diese lukrative Health-Tech-Nische betrifft die halbe Weltbevölkerung ganz direkt: FemTech Unternehmen entwickeln Produkte und Lösungen für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen. Das Erfolgspotenzial des Segments ruft Großunternehmen und Startups auf den Plan. FemTech Aktien entwickeln sich zum neuen Investmenttrend – wir haben uns einige davon angesehen.

Was ist FemTech?

FemTech ist ein Oberbegriff für Produkte und Technologien, bei denen die Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen im Mittelpunkt stehen. Es kann sich dabei um Software, physische Produkte, Dienstleistungen, Diagnose- und Therapieverfahren etc.  handeln. Beispiele sind Medizintechnikprodukte speziell für den Therapie- und Diagnoseeinsatz bei Frauen, medizinische Wearables, Apps und Hygieneprodukte.

FemTech-Themen sind etwa Fruchtbarkeitslösungen, Periodenverfolgungs-Apps, Schwangerschafts- und Krankenpflege, sexuelles Wohlbefinden für Frauen und Gesundheitsvorsorge für die Fortpflanzungsfähigkeit.

Die Vorstellung des FemTech Sektors geht auf die dänische Unternehmerin Ida Tin zurück, die 2016 die Clue App entwickelte. Es handelt sich dabei um eine App zur Perioden- und Fruchtbarkeitsverfolgung.

Beispiele für FemTech Anwendungen

Der FemTech Sektor hat bereits eine gewisse Zahl an Produkten und Lösungen hervorgebracht.

So etwa die Flo Health App. Diese ermöglicht auf künstlicher Intelligenz basierende Vorhersagen zum Zyklus von Periode und Eisprung auf Basis von 70 verschiedenen Indikatoren wie z.B. Krämpfen, Ausfluss oder Kopfschmerzen. Zum Angebot gehören auch leicht zugängliche Informationen von Experten.

Die App gibt es in einer kostenlosen Basisversion sowie mit kostenpflichtigen Updates. Die Basisversion wurde bereits mehrere hundert Millionen Mal im App Store heruntergeladen und wird durch mehrere Millionen Anwenderinnen auch in der kostenpflichtigen Version genutzt.

Weitere Beispiele aus dem FemTech Sektor:

  • Das smarte Armband Grace aus Großbritannien erkennt durch integrierte Sensoren Hitzewallungen frühzeitig und beginnt mit einem Kühlungsprozess.
  • In Finnland wurde das Antibabypille Warnsystem Popit Sense entwickelt. Es handelt sich um ein Tool, das mit der Pillenpackung verbunden wird und über ein Sensorensystem ausschließt, ob und wann eine Pille eingenommen wurde. Bei Nichteinnahme erscheint in der App eine Warnung.
  • Das Schweizer Unternehmen Pregnolia hat ein Analysegerät für gynäkologische Arztpraxen entwickelt, das in der Schwangerschaftsbetreuung eingesetzt wird. Die Technologie ermöglicht eine frühere und genauere Erkennung von Veränderungen des Gebärmutterhalses und ermöglicht so eine frühzeitige Abschätzung des Risikos für eine Frühgeburt.
  • Das Unternehmen NextGen Jane hat einen intelligenten Tampon entwickelt, der in Verbindung mit einem Testkit Krankheiten sowie die Disposition für bestimmte Erkrankungen erkennen soll.

FemTech wird als Segment erst seit einigen Jahren wahrgenommen. Das Potenzial des Sektors gilt als gewaltig, stellt die Zielgruppe doch nicht weniger als der Hälfte der Weltbevölkerung. In den vergangenen Jahren hat es eine Reihe von Fortschritten bei Forschung und Entwicklung in Bereichen gegeben, deren Potenzial bislang nicht ausgeschöpft wurde.

Dies gilt etwa für Tracking Apps, Gesundheitsvorsorge und Lösungen für die Menopause. Mehr und mehr Unternehmen aus der Branche setzen auch auf künstliche Intelligenz.

Struktur und Perspektiven des FemTech Marktes

Der Branchendienst FemTech Analytics schätzte die Marktgröße des Segments im Jahr 2020 auf 40,2 Milliarden USD. Bereits 2025 soll der Markt auf 75,1 Milliarden USD angewachsen sein. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 13,3 %.

Der Schwerpunkt der Marktentwicklung liegt auf den USA. Fast die Hälfte aller FemTech Unternehmen ist dort ansässig. Mit großem Abstand folgt Großbritannien mit 10 % an zweiter Stelle vor Israel (6 %).

FemTech Analytics hat 1300 Unternehmen des Segments in zehn Untersektoren eingeteilt. Gemessen an der Anzahl der Unternehmen ist das Segment der „Produkte und Lösungen für Schwangerschaft und Stillzeit“ mit einem Anteil von 21 % am größten. Es folgen „Reproduktive Gesundheit und Verhütung“ mit einem Anteil von 17 % sowie „Menstruationsgesundheit und allgemeine Gesundheitsversorgung“ mit jeweils 14 %. Auf diese vier Sektoren entfallen somit zwei Drittel des FemTech Marktes.

Auch zur Kapitalausstattung des FemTech Sektors liefert der Branchendienst Zahlen. So belief sich das gesamte Finanzierungsvolumen im Dezember 2021 auf rund 14 Mrd. USD.3,4 Milliarden USD davon entfielen auf den Teilsektor allgemeine Gesundheitsversorgung mit 179 Unternehmen. Es folgten die Teilsektoren reproduktive Gesundheit und Empfängnisverhütung (2,7 Milliarden USD für 217 Unternehmen) sowie Langlebigkeit (2,6 Milliarden USD für 31 Unternehmen).

Mehr als 10 Milliarden USD des gesamten Finanzierungsvolumens entfielen auf die USA. Am Platz zwei rangierte Israel mit rund 1,25 Milliarden vor Großbritannien mit gut 600 Millionen USD. Weitere Länder mit nennenswertem Finanzierungsvolumen sind die Schweiz, Frankreich, China, Indien und Kanada. 2021 stammten erstmals mehr als 1 Milliarde Investitionen aus dem Venture Capital Sektor.

Insgesamt ist FemTech damit noch ein sehr kleiner Markt, der sich in den Anfängen seines Aufbaus befindet. Das Potenzial ist dementsprechend groß. Gerade in den westlichen Gesellschaften dürften neue Produkte mit medizinischem Nutzen für Frauen rasch durch die Institutionen des Gesundheitswesens anerkannt und einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich gemacht werden. Gelingt Unternehmen die Entwicklung erfolgreicher Produkte, sind dementsprechend schnell hohe Wachstumsraten denkbar.

Der FemTech Markt muss allerdings auch noch einige Herausforderungen stemmen. Dazu gehört aus Sicht der Branche etwa, die oft männlichen Entscheidungsträger von dem Potenzial des Segments zu überzeugen. Ein Problem bei der Finanzierung besteht FemTech Analytics zufolge auch in der bislang geringen Zahl erfolgreicher Exits.

Mit diesen FemTech Aktien vom neuen Megatrend investieren

Nicht zuletzt aufgrund des noch geringen Finanzierungsvolumens gibt es nur relativ wenige börsennotierte Unternehmen aus dem FemTech Sektor. Gerade diese FemTech Aktien könnten jedoch zu den großen Gewinnern gehören, sollte das Segment sein schon rein quantitativ beeindruckendes Potenzial ausschöpfen. Diese Aktien könnten einen Blick wert sein:

  • Hologic (WKN: 879100, ISIN: US4364401012)
  • Progyny (WKN: A2PT5Q, ISIN: US74340E1038)
  • Invitae (WKN: A14NKG, ISIN: US46185L1035)
  • Agile Therapeutics (WKN: A3DKKE, ISIN: US00847L2097)
  • Evofem (WKN: A3DL69, ISIN: US30048L2034)

Hologic (WKN: 879100, ISIN: US4364401012)

Hologic ist ein US-amerikanischer Medizintechnikhersteller mit Hauptsitz in Marlborough im US-Bundesstaat Massachusetts. Das 1985 gegründete Unternehmen hat sich auf Produkte im Bereich der Frauengesundheit konzentriert. Zum Portfolio gehören zum Beispiel medizinische Geräte für Diagnostik, Chirurgie und medizinische Bildgebung.

2013 erwarb der Investor Carl Icahn einen Anteil von 12,5 % an Hologic. In den vergangenen Jahren gab es einige Übernahmen. 2021 wurden Biotheranostics und sein Testportfolio für Brust- und metastasierenden Krebs für 230 Millionen US-Dollar übernommen. Im selben Jahr folgte die Übernahme von Mobidiag, einem Molekulardiagnostikunternehmen mit Multiplex-Technologie für 795 Millionen US-Dollar.

Die Aktie befindet sich seit nunmehr zehn Jahren in einem weitgehend ununterbrochenen Aufwärtstrend. Dennoch ist das Unternehmen gemessen an den wesentlichen Bilanzkennzahlen vergleichsweise günstig bewertet.

Progyny (WKN: A2PT5Q, ISIN: US74340E1038)

Progyny bietet Mitarbeitern amerikanischer Unternehmen über entsprechende Programme verschiedene Leistungen im Bereich Schwangerschafts-, Fertilitäts- und Familienplanung für ihre Arbeitnehmerinnen an. Dazu zählen Fruchtbarkeitslösungen, die IUI, In-vitro-Fertilisation (IVF), das Einfrieren von Eizellen und andere Fruchtbarkeitsbehandlungen.

Die Aktie des Unternehmens konnte sich nach dem IPO 2019 zunächst mehr als verdoppeln, fiel jedoch seit den Höchstständen Anfang 2021 fast wieder auf ihr Ausgangsniveau zurück. Das Magazin Barrons berichtete 2022 zweimal über die Produkte des Unternehmens und bezeichnete die Aktie als mögliches Gewinnerpapier.

Invitae (WKN: A14NKG, ISIN: US46185L1035)

Invitae ist ein in San Francisco ansässiges Unternehmen. Im Fokus steht die Bereitstellung genetischer Informationen für den Einsatz in der allgemeinmedizinischen Praxis. So gibt es Tests zu einer Reihe von Erbkrankheiten wie Krebs, aber auch im Bereich der Kardiologie, der Neurologie und für seltene Krankheiten. Auch frauenspezifische Krankheitsbilder in diesen Bereichen bilden einen Schwerpunkt des Sortiments.

In den vergangenen Jahren hat Invitae mehrere Übernahmen getätigt. 2017 wurden Good Start Genetics und CombiMatrix übernommen, 2020 ArcherDX und 2021 das Health Care AI Startup Citizen. Mit ArcherDX wurde auch eine Stratafide-Plattform übernommen, die DNA-Veränderungen erkennen und damit Krebsbehandlungen präzisieren kann.

Die Aktie des seit 2015 börsennotierten Unternehmens hat zuletzt stark an Wert verloren. Wurden Anfang 2020 noch 43,35 USD pro Stück gezahlt, notiert das Papier aktuell bei knapp über 1 USD.

Agile Therapeutics (WKN: A3DKKE, ISIN: US00847L2097)

Agile Therapeutics entwickelt Produkte im Bereich der Frauengesundheit. Die Produkte sollen Frauen durch zusätzliche Verhütungsmöglichkeiten mehr Freiheit und Flexibilität bieten. Das bislang einzige zugelassene Produkt des Unternehmens ist Twirla – ein einmal wöchentlich einzunehmendes Verhütungsmittel.

Das Medikament ist bislang ausschließlichen in den USA erhältlich. Es basiert auf einer transdermalen Pflastertechnologie, die durch das Unternehmen selbst entwickelt wurde: Skinfusion. Das Verfahren soll die Verabreichung von Medikamenten durch die Haut ermöglichen und gleichzeitig die Haftung des Pflasters sowie den Komfort und die Tragbarkeit optimieren. Bislang scheinen Investoren nicht überzeugt: Der Aktienkurs hat seit dem IPO rund 99 % an Wert verloren.

Evofem (WKN: A3DL69, ISIN: US30048L2034)

Evofem aus San Diego will „die sexuelle und reproduktive Gesundheitsversorgung von Frauen mit einem erstklassigen, innovativen, hormonfreien Verhütungsmittel“ revolutionieren. Dabei handelt es sich um das 2020 eingeführte, von der FDA zugelassene Vaginalgel Phexxi (bestehend aus Milchsäure, Zitronensäure und Kaliumbitartrat). Der Aktienkurs hat unter großen Schwankungen seit dem IPO 2018 mehr als 99 % seines Wertes verloren.