Preiswerte Anschaffungen mit geringem Risiko und ansehnlichem Gewinnpotenzial – wer hätte so etwas nicht gern im Portfolio? Tatsächlich mögen Aktienwerte im rasanten Abwärtstrend auf den ersten Blick nicht wie die erste Wahl für das eigene Investment aussehen. Im Fall der sogenannten „SPACs“ könnte die aktuelle Rutschpartie jedoch eine einmalige Chance für Anleger sein, die noch im Frühjahr dem großen Hype mit rationaler Skepsis gegenüberstanden. Was damals teils glücksspielartige Auswüchse annahm, kann sich – unter den geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – jetzt als nahezu „konservatives“ (und lukratives) Geschäftsmodell erweisen.

Im Frühjahr 2021 waren sie vor allem an den US-amerikanischen Börsen ein großes Thema: Die „Special Purpose Acquistion Companies“, kurz: SPACs. Um den Begriff kurz noch einmal zu erklären: Ein SPAC ist ein Akquisitionszweckunternehmen, dessen einziger Zweck darin besteht, Geld zu sammeln, um damit später ein anderes Unternehmen aufzukaufen.

Das SPAC-Modell in Kürze

Der Trick: Das SPAC, dessen Initiatoren in aller Regel Privatpersonen und Teams aus dem Private-Equity- oder Hedge-Fonds-Bereich sind, gründen eine Holding. Sie leiten anschließend für diese einen Börsengang ein, werben um Investoren und sammeln die eingehenden Geldmittel aus dem Verkauf von Anteilen und Optionsscheinen auf einem Treuhandkonto. Binnen einer gewissen Frist muss in der Folge ein Unternehmen gefunden werden, das sich seinerseits von einem SPAC übernehmen lässt.

Das ist für die Zielfirmen insofern attraktiv, dass sie dadurch das langwierige und bürokratische Procedere eines eigenen Börsengangs umgehen können und nicht selbst auf die Suche nach Investoren gehen müssen. Das SPAC hat durch die Übernahme in der Regel profitable Gewinnaussichten. Der Pferdefuß an der Sache für Investoren: Ihnen wird lediglich mitgeteilt, in welcher Branche das SPAC nach Übernahmeunternehmen sucht, wobei im weiteren Prozess ein missfälliges Unternehmen im Rahmen einer Aktionärshauptversammlung jedoch abgelehnt werden kann.

Beliebte Themen für SPACs sind beispielsweise FinTech, Elektromobilität, Biotech und Urban Air Mobilität (Stichwort: Flugtaxis).

Dies ist nur eine stark verknappte Darstellung, mag aber im Folgenden als Definition ausreichen.

Das Ende der Begeisterung?

Aber der Hype rund um die SPACs ist zwischenzeitlich merklich abgeflaut. Waren es im Februar dieses Jahres noch 141 SPACs, die das Börsenparkett betraten, waren es im August 2021 noch fünf. Und im September? Ein einziges. Der Boom, so sieht es aus, ist aktuell zum Erliegen gekommen.

Tatsächlich haben sich für viele Anleger ihre Investments in Zeiten des Hypes (also finanzielle Beteiligungen bei hohen Kursen) als Verlustgeschäfte entpuppt. Neben den oben genannten Branchen hatte die Jagd auf sogenannte „Meme-Aktien“ daran einen Anteil. Das sind Wertpapiere, die durch eine virale Verbreitung im Internet Anleger angezogen haben. Oft sind dabei Finanzforen oder große Plattformen wie Reddit (Stichwort: WallStreetBets) beteiligt. Alternativ „investierte“ so mancher SPAC-Enthusiast schlichtweg voller Vertrauen in die Namen der Personen, die hinter einem solchen Konstrukt standen. Schließlich waren es zahlreiche namhafte Investment-Koryphäen als Sponsoren bei vielen SPACs im Boot.

Schleppende Fusionsprozesse …

Zurzeit scheint das Interesse an SPACs einen Tiefpunkt erreicht zu haben. Der Enthusiasmus hält sich sogar so weit in Grenzen, dass selbst erfolgreiche SPAC-Unternehmen wie Virgin Galactic oder SoFi Technologies Inc. in Mitleidenschaft gezogen sind, die zwischenzeitlich nach abgeschlossenen Fusionen gar keine SPACs mehr sind.

Ein weiterer Grund für das Verebben der Begeisterung: Das mit der Übernahme potentieller Erfolgsunternehmen scheint nicht so einfach zu funktionieren, wie so manche SPAC-Initiatoren sich das vorgestellt haben mögen. Die Analyseseite „SPAC Alpha“ konstatiert, dass etwa drei Viertel der 579 aktuell im Handel befindlichen SPACs nach wie vor ohne Übernahmekandidaten sind. Bei den restlichen sind die Fusionierungen noch in der Schwebe.

… und Behörden-Hürden

Zu guter Letzt sehen sich mache, teils in der Tat etwas windig daherkommende SPACs mit dem misstrauischen Auge von Institutionen und Gerichten konfrontiert. So mancher hoffnungsvolle SPAC, sei es beispielsweise im Space- oder Entertainment-Zielsektor, musste aufgrund bürokratischer Widrigkeiten die Segel streichen.

Bemerkenswerte Preisrutsche

Zwischenzeitlich werden die Aktien und Optionen vieler SPACs mit hohen Abschlägen gehandelt. Beispielsweise kosten die Shares des SPAC „Pershing Square Tontine“ von Starinvestor Bill Ackman aktuell (17.09.21) 19,68 USD und damit deutlich unter den ursprünglichen 20 USD, die die Anleger bei der Aktienerstemission dafür gezahlt haben. Die paar Cent mögen zunächst nicht nach einem enormen Verlust klingen. Aber: Zu Hype-Hochzeiten im Februar gab es die Aktie für 34,10 USD – und sie wurde zu diesem Kurs eingekauft. Nun wird des SPAC, der ursprünglich die Übernahme des Major Labels Universal Music zum Ziel hatte, möglicherweise sogar aufgelöst.

Des einen Verlust ist des anderen Chance

Doch es gibt auch einen positiven Aspekt: Der Preisverfall verläuft in einem Maße, dass heute auch Anleger, die dem Konstrukt als solchem skeptisch gegenüberstehen, mit sogenannten Arbitrage-Geschäften gute Gewinne erzielen könnten. Dabei handelt es sich börsliche Transaktionen, bei denen Preis- oder Kursunterschiede Gegenstand der Gewinnerzielung sind. Das heißt: Wer jetzt ein gutes Gespür beweist und unter den preiswerten SPACs ein „Schnäppchen“ macht, kann durchaus Gewinne für sich davontragen. Anstelle des risikobehafteten Glücksspiels, das SPACs in den Hype-Zeiten darstellten, könnten kluge Placements in die billigen SPACs nun eine geradezu „konservative“ Investition werden.

Die Kunst des richtigen Timings

Das SPAC-System hat nämlich einen entscheidenden Vorteil: Während der (meist zweijährigen) Frist, in der ein SPAC nach einem Fusionskandidaten sucht, liegt das Geld der Investoren auf einem Treuhandkonto fest (wo es Zinsen aus hochsicheren Wertpapieren erwirtschaftet). Die Einlagen der Finanziers müssen an diese zurückgezahlt werden, wenn der Übernahmeprozess –aus welchem Grund auch immer – ausbleibt. Hinzu kommt, dass Anleger, die – wie eingangs geschildert – mit dem auserkorenen Unternehmen nicht einverstanden sind, aussteigen und ihren Anteil am Trust zurückerhalten können.

Das heißt: Eine SPAC-Aktie kann nicht nennenswert unter ihren originären Ausgabewert fallen. Ein in oder deutlich unterhalb von  diesem Preisbereich getätigter Ankauf birgt somit ein minimales Verlustrisiko. Auf der anderen Seite kann ein geschicktes Timing und Abwarten des Rückgabezeitpunkts – also ein strategisches Arbitrage-Geschäft  – eine gute Gelegenheit sein, Gewinne einzustreichen. Das entspräche technisch dem klassischen Schatzwechsel.

Chancen mit den „Schnäppchen“

Tatsächlich sind die Kurse für SPACs – im Durchschnitt! – so weit gefallen, dass sie in der Tat mit Abschlägen auf den Treuhandwert gehandelt werden. Die Aktie der „Austerlitz Aquisition Corp“ von Bill Foley steht (am 17.09.21) gerade einmal bei 9,94 USD; die der KKR „Aquisition Holding“ von Glenn Murphy bei 9,760 USD.

Nach Daten von „SPACInsider“ liegt die durchschnittliche Rendite für SPACs ohne Übernahmeziel derzeit bei 2,4 Prozent, wenn das Börsenvehikel bei seinem fällig werden aufgelöst wird. Dem gegenüber stehen gerade einmal 0,06 Prozent für einen sechsmonatigen Schatzwechsel. Und: Anlagen in preiswert gekaufte SPAC-Papiere könnten sich nach wie vor als Volltreffer erweisen, wenn sich im Rahmen der Laufzeit doch noch ein erfolgreicher Deal mit einem populären Fusionskandidaten ergibt.

Wer mit dem Gewinnpotenzial von SPACs liebäugelt, zugleich aber die Risiken konservativ niedrig halten will, sollte sich dieser Tage nach preiswerten Aktien in diesem Segment umsehen. Der Börsen-„Wühltisch“ könnte durchaus echte Schätzchen mit geringem Verlustpotential beinhalten.